Podiumsdiskussion „Die Eurasische Wirtschaftsunion und die EU – Perspektiven und Grenzen einer Partnerschaft“

23. Oktober 2018

Veranstaltung der Österreichisch-Weißrussischen Gesellschaft (ÖWG), der Österreichisch-Kasachischen Gesellschaft (ÖKG) und der Forschungsstelle für Eurasische Studien (EURAS)

Im Vortragssaal der Österreichisch-Kasachischen Gesellschaft in Wien fand am 23. Oktober 2018 eine interessante Podiumsdiskussion mit einer Reihe von prominenten Teilnehmern statt. Der Präsident der ÖKG, RA Dr. Gabriel Lansky, sprach sich in seiner Begrüßung für eine Öffnung der EU zur Eurasischen Union und gleichzeitig für eine wirtschaftliche Verteidigung der EU gegen die USA aus. Dr. Peter Bachmaier, der die ÖWG im Namen der ÖWG begrüßte, verwies darauf, dass die Eurasische Wirtschaftsunion (EAWU) zugleich mit der Organisation für kollektive Sicherheit, den BRICS-Staaten und der Shanghaier Kooperationsorganisation eine alternative Welt aufbaue. Belarus sei ein wesentlicher Bestandteil dieser Staatenorganisationen und könne dadurch auch seine Souveränität und Sicherheit verteidigen. An der Veranstaltung nahmen auch die zukünftige österreichische Botschafterin in Minsk, Frau Mag. Aloisia Wörgetter und als Vertreter der Botschaft von Belarus der erste Botschaftsrat Mag. Andrei Yaroshkin sowie der Vizepräsident der Wirtschaftskammer und Präsident der Österreichisch-Russischen Freundschaftsgesellschaft Dr. Richard Schenz teil.

In der Podiumsdiskussion, die von Prof. Otmar Höll vom Institut für Politikwissenschaft geleitet wurde, wies Dr. Vladislav Belov vom Europa-Institut Moskau darauf hin, daß die 2015 gegründete EAWU vorrangig in der außenpolitischen Orientierung Russlands sei. Die USA beobachteten die EAWU mit Argwohn und auch die EU hätte kein Interesse an einer Zusammenarbeit mit ihr. Der Westen wolle Russland ausschließen, und Putin setze sich zum Ziel, eine belagerte Festung zu verteidigen. Aber es gebe, wie Belov betonte, keine Rückkehr zur Sowjetunion, das sei eine ideologisierte Einstellung. Durch die EAWU sei Russland ein globaler Player geworden.

Der kasachische Vertreter Prof. Zhenis Kembaev betonte, dass die EAWU eine Wirtschaftsunion und keine supranationale politische Union sei. Präsident Nazarbaev hätte dieses Konzept von Anfang an und gleichzeitig die Souveränität der einzelnen Mitgliedsstaaten vertreten. Kasachstan sei aber gleichzeitig Mitglied der Organisation für kollektive Sicherheit, die der Verteidigung der Mitgliedsstaaten diene. Als Gefahren für die ex-sowjetischen Staaten würden besonders der islamische Fundamentalismus und die Farbenrevolutionen gesehen. Die eurasischen Staaten strebten eine multipolare Welt an. Im Mai 2018 wurde ein Abkommen zwischen der EAWU und China über die Neue Seidenstraße unterzeichnet.

Frau MMag. Julia Eder, Soziologin an der Johannes Kepler Universität Linz, die an einer Dissertation über die gemeinsame Industriepolitik der EAWU im Vergleich zu jener der Wirtschaftsunion Mercosur arbeitet, berichtete, dass letztere nicht wirklich funktioniert habe, während erstere trotz aller Probleme, und obwohl erst 2015 gegründet, erfolgreiche erste Schritte gesetzt habe. Die wirtschaftliche Kooperation, vor allem zum Aufbau neuer Industriezweige, werde von den Staaten der EAWU als große Chance gesehen. Inwieweit die Industriepolitik der EAWU Früchte tragen wird, werde sich erst zeigen.

Dr. Alexander Dubowy, Koordinator der EURAS, wies auf die gegenwärtigen Probleme hin, zu denen vor allem die Sanktionen der EU und der USA gegen Russland zählten, die auch die anderen Mitgliedsstaaten beträfen. Die EAWU sei trotz der schwachen wirtschaftlichen Leistung Russlands der erste erfolgreiche Versuch einer Integration des postsowjetischen Raumes. Die EAWU könne eine Brücke zwischen der EU und Russland werden und es sollte auch über eine Freihandelszone zwischen beiden Blöcken errichtet werden, die aber von der EU derzeit abgelehnt werde.

Prof. Vyacheslav Yaroshevich von der Belorussischen Staatlichen Universität Minsk, PhD der Universität Kingston, betonte die Souveränität von Belarus im Rahmen der Eurasischen Union, räumte aber gleichzeitig die engen wirtschaftlichen und politischen Beziehungen zu Russland ein, ohne die das Land sich nicht verteidigen könne. Belarus sei als einziger postsowjetischer Staat kein Mitglied der Welthandelsorganisation WTO und hätte auch kein Interesse daran. Als Beispiel für die Erfolge der Zusammenarbeit mit der Eurasischen Union und China für Belarus erwähnte er den High Technologies Park bei Minsk, eine exterritoriale wirtschaftliche Sonderzone.

In der Diskussion wurde darauf hingewiesen, dass über die Eurasische Union in den westlichen Medien nicht berichtet werde, was offenkundig auf die negative Einstellung der EU zu dieser „Konkurrenz“ zurückzuführen sei.

RA Dr. Gabriel Lansky bei der Eröffnung der Podiumsdiskussion
Prof. Dr. Peter Bachmaier, ÖWG-Präsident, bei der Eröffnung
Dr. Alexander Dubowy, Dr. Vladislav Belov, MMag. Julia Eder, Prof. Otmar Höll, Prof. Zhenis Kembaev, Prof. Vyacheslav Yaroshevich, Dr. Peter Bachmaier
Prof. Yaroshevich mit Dolmetscherin Marina und Prof. Zhenis Kembaev
Dr. Alexander Dubowy, Dr. Vladislav Belov, MMag. Julia Eder, Prof. Otmar Höll, Prof. Zhenis Kembaev
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